Christian Unverzagt

Der Bilder Berg und Fluss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Serie A: Tätowierungen

 

 

Die Serie stellt eine Frage, die kein einzelnes der Bilder beantworten kann: ob es sie überhaupt im Singular gibt, als einzelne Bilder, die nicht in Reihe stehen. Ein jedes Bild gibt die Frage an uns zurück: ob wir es ohne Kontext, nur für sich, betrachten können. Ist nicht ein jedes Bild zum einen immer schon mit anderen Bildern verknüpft und zum anderen mit Worten? Oder verknüpfen nur Worte sie mit anderen Bildern? Wäre dieser Fluss der Verknüpfungen in einem Bild zu stoppen? Vielleicht verknüpfte es sich dann mit seiner eigenen Ursprungskraft.

 

Tätowierungen sind Fusionen von Farbe und Haut, bei denen bezeichnete Körper entstehen. Der Zeichenträger kann sich von ihnen sowenig lösen wie von seiner Identität. In manchen Stammesgesellschaften markieren komplizierte Liniengeflechte den eigenen Ort in einer langen Ahnenreihe. Dort, so scheint es, bleibt die Verbindung zur Ursprungskraft nur durch eine exakte soziale Kartographierung erhalten. Und nur, wenn diese genealogischen Muster exakt wiedergegeben werden, erkennen sich Stammesmitglieder in Abbildungen ihrer selbst wieder.

  

Totemistische Bilder aber führen nicht über eine Ahnenreihe anderer Bilder zu einem Ur-Bild. Jedes Bild muss aus sich heraus die Kraftlinien finden, die wie vom Ursprung her in ihm wirken. Ein jedes entfaltet sich durch Beschränkung, als träte durch weniger mehr hervor.